Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten für eine operative Magenverkleinerung
Die bestandskräftige Ablehnung des Kostenübernahmeantrags eines Versicherten durch dessen Krankenkasse steht dem Vergütungsanspruch eines Krankenhauses nach trotzdem durchgeführter Operation nicht entgegen, da diese Ablehnung das Abrechnungsverhältnis zwischen dem Krankenhaus und der Kasse nicht berührt.
Eine Krankenhausbehandlung zur Durchführung einer bariatrischen Operation (Magenverkleinerung) ist erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemeinen Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) oder zumindest dem abgesenkten Qualitätsgebot des Potentialmaßstabs (§ 137c Abs. 3 SGB V) entspricht und notwendig ist.
Das allgemeine Qualitätsgebot fordert, dass nach dem gesicherten Stand der medizinischen Erkenntnisse, also der bestverfügbaren Evidenz, in medizinischen Fachkreisen Konsens über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der bariatrischen Operation besteht. Unter der Berücksichtigung der besonderen Risiken und Folgen eines solchen Eingriff bedeutet ultima ratio, dass die zielgerichtete irreversible Schädigung eines gesunden Organs nur dann als erforderliche Behandlung anzusehen ist, wenn die voraussichtlichen Ergebnisse dieses Eingriffs den voraussichtlichen Ergebnissen anderer Behandlungsoptionen eindeutig überlegen sind.
Hierfür ist es nicht zwingend erforderlich, dass sämtliche andere Therapieoptionen zuvor tatsächlich ausgeschöpft sind. Es kommt insbesondere auf die Erfolgsaussichten der nicht-invasiven Therapieoptionen, die voraussichtliche Dauer bis zu einem spürbaren Erfolg, das Ausmaß der Folge- und Begleiterkrankungen der Adipositas und die dadurch bedingte Dringlichkeit der Gewichtsreduktion an. Im Falle des abgesenkten Qualitätsgebots verbleibt es bei der Voraussetzung der Nicht(mehr)verfügbarkeit einer Standardbehandlung.
Quelle: Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2022 – B 1 KR 19/21 R