Besteht ein Anspruch auf Korrektur bei fehlerhaftem Arztbrief? - eine oft gestellte Frage....
Hierzu hat das Landgericht Aachen im Urteil vom 17.12.1998, Az.: 6 S 190/98, ausgeführt, wir dürfen zitieren, weil das Gericht ausführlich die richtige Lösung beschreibt:
"Es ist bereits fraglich, ob die Pflicht zur Erstellung eines Arztbriefes eine selbständige Nebenpflicht darstellt in dem Sinne, dass sie selbständig einklagbar ist (s. verneinend RGRK-Nüßgens, BGB, 12. Aufl., § 823 Anh. II RN 266; Hohloch, NJW 1982, 2581 f.; a. A. Wasserburg, NJW 1980, 624). Das Amtsgericht hat die Pflicht zur Erstellung des Arztbriefes als selbständige Nebenpflicht eingestuft, da sie zur Erreichung des Vertragszweckes, der Heilung, erforderlich sei.
Gegen diese Einordnung als Mitwirkungspflicht spricht jedoch, daß der Vertragszweck eines von mehreren, im Verlaufe einer Krankheitsbehandlung hintereinander folgenden Behandlungsverträgen keineswegs immer in der Heilung der Krankheit liegt. Vertragsgegenstand kann vielmehr auch lediglich die Erhebung einzelner Befunde oder die Durchführung einzelner, abgegrenzter therapeutischer Maßnahmen sein.
Die Pflicht zur Erstellung des Arztbriefes betrifft dann nicht die Erfüllung des Vertragszweckes selbst, welcher mit der Durchführung der konkret abgegrenzten Maßnahme erreicht ist, sondern dient zur Dokumentation derselben über den Vertragszweck des Behandlungsvertrages hinaus in dem sinne, daß die Weiterbehandlung durch Kollegen sachgerecht durchgeführt werden kann. Die Pflicht zur Erstellung des Arztbriefes stellt sich somit eher als Nebenpflicht zur Sicherung eines weitergehenden Leistungserfolges dar, die jedoch als Leistungstreuepflicht in der Regel nicht selbständig einklagbar ist (vgl. grundlegend zur Bedeutung der Dokumentationspflicht BGGHZ 72, 132 ff; RGRK-Nüßgens, a. a. O., RN 259 ff; Laufs/Uhlenbruch, Handbuch des Arztrechts, §§ 59 f., 111).
Die abschließende Entscheidung dieser Frage kann hier jedoch dahinstehen, da die Beklagte bzw. die behandelnden Ärzte der Pflicht zur Erstellung eines Arztbriefes nachgekommen ist. Sie haben hierin die erhobenen Befunde, die eingeleitete Therapie sowie ihre Diagnose in den wesentlichen Punkten dargelegt. Gegenstand des Rechtsstreits ist somit nicht die Erfüllung der Nebenpflicht als solcher, sondern deren mögliche Schlechterfüllung durch die Beklagte. Hinsichtlich der Ausgestaltung und des Inhaltes des Arztbriefes im einzelnen besteht jedoch nach Auffassung der Kammer auf keinen Fall ein selbständig einklagbarer Anspruch des Patienten. Hiergegen spricht, daß grundsätzlich die Art und Weise der Erfüllung von Nebenpflichten zunächst dem Schuldner derselben vorbehalten ist. Für den Fall der Schlechterfüllung kommt sodann lediglich ein Schadensersatzanspruch in Betracht. Hinzu kommt, daß bei der Erstellung eines Arztbriefes die Unterscheidung zwischen objektiven Befunden und daraus folgender Diagnose des Arztes, deren Abänderung aufgrund ihres Charakters als Meinungsäußerung und eigenständiger ärztlicher Bewertung nicht verlangt werden kann, schwierig bis unmöglich durchzuführen ist.
Auch im vorliegenden Fall dürfte die "Feststellung einer Armvenenthrombose" lediglich eine ärztliche Schlussfolgerung aus den dieser Diagnose zugrundeliegenden Befunden sein. Auch die Auswahl derjenigen Befunde und Diagnosen, welche für die nachfolgende Behandlung von Bedeutung sein mögen, ist zunächst der ärztlichen Wertung vorbehalten und unterliegt nicht der Berichtigung und Abänderung durch ein gerichtliches Verfahren. Eine Ausnahme mag insoweit gelten für objektiv nicht haltbare, ehrverletztende Diagnosen, deren Berichtigung aus dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsrechts verlangt werden kann (vgl. OLGR Düsseldorf 1993, 178). Dies lässt sich jedoch nicht dahingehend verallgemeinern, dass generell ein Anspruch auf Richtigstellung eines Arztbriefes bestünde."
Wir vertreten auch diese Auffassung und hoffen, so ein wenig Licht in das Dunkel einer oft auftretenden Frage gebracht zu haben.