Zur Aussagekraft und Validität von Prüfzeiten bei Abrechnungsprüfungen
Im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung kann der Nachweis der Unrichtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnung nicht allein anhand der Quartalszeitprofile geführt werden, wenn zur Überschreitung der Quartalszeitfonds maßgeblich Ansätze für Grund- und Mitbetreuungspauschalen beigetragen haben, deren Prüfzeiten keine gesicherte Korrelation zum tatsächlichen Zeitaufwand für den obligaten Leistungsinhalt aufweisen.
Bei der Überprüfung der Eignung von Prüfzeiten als alleiniges Beweismittel zur Feststellung von Abrechnungsunrichtigkeiten ist von Verfassungswegen ein strenger Maßstab anzulegen. Die Legitimation und Verlässlichkeit der Prüfzeiten müssen sich nachprüfbar aus allgemein zugänglichen belastbaren empirischen Erkenntnissen oder Expertenwissen ergeben, die in einem transparenten Verfahren gewonnen worden sind.
Bei der Überprüfung der Abrechnung einer Neurologin oder eines Neurologen ergibt sich eine Überschreitung der Zeitgrenzen nicht schon aus der Addition der vom EBM vorgeschriebenen Mindestzeiten für Arzt-Patienten-Gespräche oder konkrete zeitaufwändige Behandlungsmaßnahmen, sondern erst aus der Einbeziehung der nervenärztlichen Grund- und Mitbetreuungspauschalen. Die KV hat daher ggf. auch weitere Behandlungsunterlagen zu prüfen. Eine gebotene, aber nicht vorgenommene Tiefenprüfung ist nachholbar.
Quelle: Sozialgericht Dresden, Urteil vom 07.09.2022 – S 25 KA 173/17
Hinweis: Berufung anhängig beim Landessozialgericht Sachsen unter dem Az. L 1 KA 14/22